Stefanie Scheurell

Lengwiler Zyklus
Presseankündigung, 2013
Angelika Braumann

Stefanie Scheurell beschäftigt sich seit zwei Jahren mit dem Thema Fruchtbarkeit und Wachstum. Ihre Werke setzen sich intensiv mit der Wesenwerdung, aber auch der Verletzung und der Verwandlung auseinander. Der Betrachter findet sich in Bilderzyklen wieder, die Kreisläufe des Entstehens und des Vergehens zeigen. Gleichsam verwandeln sich die abgebildeten Gewächse in animalisches oder auch humanes Leben. Pflanzenteile werden zu fleischlichen Gebilden, zu Formen, die Organe darstellen könnten und zu vermeintlichen Körperteilen. Zarte Spannungen in der Linienführung und kleine Aufreißungen zeugen vom schmerzlichen Prozess der Lebenswerdung. Diese sensiblen Details stehen im Kontrast zur kraftvollen Farbwahl.

So entsteht auf dem Bild „Wachstum“ aus oder auf einer zerfaserten lodernden Oberfläche ein leuchtender Fortsatz, ein sich nach oben öffnendes Stärke suggerierendes Ding, das an seiner Unterseite wie abgerissen und verwundet wirkt. Das in grellen Erdfarben gehaltene Bild mag verstören, denn es hat so gar nichts vom Mythos der schmerzfreien aufgeräumten Lebenswerdung.

Die floralen Arbeiten kontrastieren einerseits mit dem vorhandenen unverputztem gemauerten Gewölbe, greifen aber die Wölbungen des Raumes wieder auf. Es bleibt der Eindruck eines beschützten Raumes gleichsam dem Uterus, der die werdende Frucht schützt. So dient der Gewölbekeller als imaginärer aber auch als tatsächlicher Schutzraum. Kerben in den Wänden dokumentieren die Verletzungen, die der Raum im Laufe der Jahrhunderte erlitten hat. Kleine höhlenartige Einbuchtungen lassen Teile des Raumes im Verborgenen, nehmen damit aber auch wieder Bezug auf das Geheimnis der Lebenswerdung.

Angelika Braumann, Kulturamt Konstanz